Ester Blyumenfeld


„Uns wurde die Kindheit genommen. Der heutigen Generation wünschen wir ein Leben in Frieden und Freiheit.“

Ester Blyumenfeld wurde am 10. April 1935 im Dorf Znamenka in der Ukraine in eine jüdische Familie geboren. Der Vater war Leiter des kornverarbeitenden Betriebes vor Ort und Kommunist. Die Mutter war Hausfrau. Ester hatte eine Zwillingsschwester namens Marija und einen älteren Bruder, der Jakow hieß.

Bei Kriegsausbruch waren die Zwillinge sechs Jahre alt. Am 22. Juni 1941 wurde Kiew bombardiert, schnell rückten die deutschen Truppen in die Stadt vor. Der Vater beschloss, seine Familie zu evakuieren und setzte sie in einen Güterzug in Richtung Uralgebirge. Die Zustände im Zug waren schrecklich: Es gab kein Wasser und es herrschte eine unerträgliche Hitze. Als der Zug bombardiert wurde, versteckten sich die Menschen unter dem Zug.

Der Vater arbeitete zunächst weiter in seinem Betrieb und trat später der Roten Armee bei. Seine Familie wurde unterdessen weiter bis nach Sibirien geschickt. In Kargala brachte man sie in Baracken unter, die sehr kalt waren und mitten auf einem Feld standen. Dort arbeitete die Mutter im Getreidespeicher. Die Kinder heizten den Backofen mit den Wurzeln von Sonnenblumen und mit getrockneten Mist. Es war eine schwere Zeit, sowohl körperlich als auch psychisch.

1944 erfuhren sie, dass die Ukraine befreit war und machten sich per Güterzug auf den Weg nach Hause. Sie fanden eine große Zerstörung vor: Ihr halbes Haus war von einer Bombe aufgerissen worden, in der anderen Hälfte mussten sie wohnen. 1946 kehrte Esters Vater aus dem Krieg zurück. Er starb im Alter von 60 Jahren an den Folgen seiner Zeit in der Armee. Die Mutter versuchte, die Familie mit dem Verkauf von Brotfladen zu ernähren.

Trotz der widrigen Umstände studierte Ester nach der Schule an der Finanzfachschule Dnepropetrowsk. Nach Abschluss ihres Studiums arbeitete sie als Buchhalterin und wurde später zur Chefin der Finanzabteilung befördert. 43 Jahre war sie in derselben Organisation berufstätig.

Im Jahre 1957 heiratete sie ihren Mann Michail. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor: Grigoriy und Galina. 2001 wanderte Ester mit den Kindern nach Deutschland aus.

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