„Die Folgegenerationen wollen gehört werden. Sie schreiben Bücher, Comics und Blogs, sie drehen Filme und haben viel zu sagen. Sie sind Zeitzeug:innen ihrer eigenen Geschichte, die über das Ende der nationalsozialistischen Verfolgung bis in die Gegenwart reicht. Deswegen müssen sie wichtige Akteur:innen in der politisch-historischen Bildung werden.“ (Dr. Jost Rebentisch, Geschäftsführer des Bundesverbands Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V.)
Seit Jahren engagiert sich der Bundesverband für die Nachkomm:innen der Verfolgten des NS-Regimes. Ihre Geschichte, ihre Belastungen und ihre Sorgen müssen Teil des öffentlichen Diskurses werden.
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Eltern ihren Kindern traumatische Erlebnisse vererben können. Wissenschaftler sprechen in diesem Zusammenhang von einer „transgenerationalen Übertragung verfolgungsbedingter Traumata“. In der „Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“ (ICD) tauchen solche Krankheitsbilder nicht auf. Dies ist allerdings notwendig, damit Betroffene leichter eine zutreffende Diagnose und ggf. Behandlung erhalten können.
Es muss noch viel getan werden in diesem Bereich. Die konkreten Ziele hat der Bundesverband gemeinsam mit den Mitgliedern der „Arbeitsgruppen Nachkommen von NS-Verfolgten“ in der unten stehenden Erklärung niedergeschrieben.
Setzen auch Sie ein Zeichen gegen das lange Schweigen und unterzeichnen Sie die „Erklärung über gemeinsame Ziele zur Unterstützung von Nachkomm:innen von NS-Verfolgten“. Einen Beitrag zu leisten ist sehr einfach: Schreiben Sie uns einfach eine E-Mail mit Ihrem Namen und ggf. Ihrer Institution und wir setzen Sie unter die Erklärung.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V. initiierte im Jahr 2018 zwei internationale Arbeitsgruppen. Die teilnehmenden Expert:innen befassten sich mit den Themen „Historisch-politische Bildungsarbeit“ und „Psychosoziale Fragen“ im Kontext der Arbeit von und mit Nachkomm:innen von Menschen, die aus verschiedenen Gründen von den Nationalsozialist:innen verfolgt wurden.
In den Arbeitsgruppen wurde über die spezifischen Bedarfe von Nachkomm:innen und ihre Rolle als Impulsgeber:innen für eine partizipatorische, demokratische Erinnerungskultur diskutiert. Es ergaben sich gemeinsame Ziele, zu deren Unterstützung wir mit dieser Erklärung (politische) Entscheidungsträger:innen und Multiplikator:innen aufrufen.
Wir, die Unterzeichner:innen, sind überzeugt davon, dass die Nachkomm:innen von Verfolgten des Nationalsozialismus einen bedeutenden Beitrag zum Verständnis von transgenerationaler Weitergabe von Trauma leisten. Sie setzen wichtige Impulse für die Entwicklung von Programmen zur Erinnerungskultur und gesellschaftspolitischen Arbeit, im Sinne einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft. Sie bringen eine bedeutende Perspektive in gegenwartsrelevante Debatten ein und sollen, in der Entwicklung und Implementierung von Programmen, die sich an den authentischen Erfahrungen der Überlebenden und ihrer Nachkomm:innen orientieren unterstützt werden.
Zusammen mit den Überlebenden setzen sich ihre Nachkomm:innen seit den 1960er Jahren für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen und die Würdigung der Verfolgungsgeschichten ein. Damit leisten sie einen bedeutenden gesellschaftspolitischen Beitrag. Nachkomm:innen bringen durch ihre Familiengeschichte wichtige Impulse für die historisch-politische Bildungsarbeit mit. Sie sind Vermittler:innen zwischen Vergangenheit und Zukunft, weil sie ihre persönlichen Erfahrungen einbringen. Um die Leistungen von Nachkomm:innen anzuerkennen, bedarf es eines Empowerments, damit ihre Perspektiven in gedenkpolitische Entscheidungen einfließen können:
In verschiedenen Ländern formulieren Nachkomm:innen Unterstützungsbedarf im Umgang mit ihrer Familiengeschichte, unter anderem weil viele von ihnen von transgenerationaler Weitergabe von Traumatisierungen betroffen sind. Bisher mangelt es an Angeboten, die sich speziell ihren Bedürfnissen widmen:
Die gesellschaftliche Teilhabe von Nachkomm:innen und ihre politische Mitbestimmung müssen gefördert werden. Nachkomm:innen sind zum Teil von Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit betroffen:
Insgesamt muss von Politik und Gesellschaft anerkannt werden, dass das Schicksal der Verfolgten des Nationalsozialismus in vielen Fällen das Leben ihrer Kinder und Enkel:innen geprägt hat und noch immer prägt.
Der Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V. setzt sich gemeinsam mit den Unterzeichnenden für die Interessen aller Überlebenden und deren Nachkomm:innen ein.
Die Liste der Unterzeichner:innen wird momentan aktualisiert.